Im Rahmen des Kunst- und Performance-Projekts „Kunst am Wegesrand“ werden internationale Künstler*innen vom 7. April bis 4. Juni 2022 wesentliche und prägende Orte im öffentlichen Raum in Baden-Baden bespielen und Performances, die Bezug zur Welterbestadt nehmen, aufführen..
Die Standorte der Performances finden Sie in der App „Kunst am Wegesrand“
Die Performances
Donnerstag
07.04.2022
10:00 Uhr
Gewicht eines Atemzugs
Die Taube galt quer durch die Kulturen als Sinnbild des Friedens und der Unschuld. Der Weltfrieden muss in diesen Tagen „Federn lassen“. Simon Pfeffel bewegt das kleine symbolträchtige Objekt einer Taubenfeder ausschließlich mit seinem Atem über den Fußboden der Trinkhalle in Baden-Baden. Dieser herrschaftliche Ort der Kurstadt erquickte seit jeher Besucherinnen und Besucher aus aller Welt, die sich dort Heilung versprachen. Das unschuldige Weiß der Feder wird am Boden zunehmend in den Schmutz gezogen. In krisenreichen Zeiten, in denen ein Präsident, der die Backen aufbläst, eine ernstzunehmende Gefahr für den Weltfrieden darstellt, wird der Wert des symbolisch vertretenen Friedens hinterfragt.
Text: Holle Nann, Kamera: Anette C. Halm
Simon Pfeffel
Donnerstag
02.06.2022
16:00 Uhr
Eskapismus
Heidi Klums Modelcasting-Show „Germany´s Next Topmodel“ hat in diesem Jahr die beste Einschaltquote seit 13 Jahren eingefahren.
Dabei haben Deutschland, Europa und die Welt derzeit wahrlich andere Probleme. Doch offenbar scheint das narzisstische Umsichselbstkreisen, das weitgehend inhaltsleere Buhlen um Äußerlichkeiten ein nach wie vor aktuelles Anliegen junger Menschen zu sein. So können die ungelöst drängenden Probleme der Welt und die brutale Wirklichkeit, die es zu bewältigen gibt, eine Zeit lang verdrängt werden – kleine Fluchten, ein Abtauchen in die Hochglanzoberflächen der heimischen Screens. In der Stadt der Schönen und Reichen stellt die Performance von Sissi-Madelaine Schöllhuber die Frage nach den zentralen Werten einer Gesellschaft.
Text: Holle Nann, Kamera: Anette C. Halm
Sissi-Madelaine Schöllhuber
Freitag
03.06.2022
10:00 Uhr
Liebesfrühling
Himmel und Hölle auf Erden – wie eng liegen diese Gegensätze beieinander.
Im gleichnamigen Kinderspiel überspringt man die Hölle, um fröhlich dem Himmel entgegen zu hüpfen. Das Spiel ist eine Metapher für das Leben von Clara Schumann, die gegen den Willen ihres Vaters 21-jährig dessen Schüler Robert Schumann heiratete. Die Ehe mit dem Komponisten bedeutete für die Pianistin zunächst den Himmel auf Erden, in dem den beiden jedoch keine lange Verweildauer vergönnt war. Der Alltag mit dem erkrankenden Robert Schumann und sieben Kindern holte sie jäh ein. Nach dem Tod von Robert ließ sich Clara in Baden-Baden nieder, das schon damals als kulturelles Zentrum galt.
Die Performance ist eine Hommage an eine begnadete Künstlerin.
Text: Holle Nann, Performerin: Sissi-Madelaine Schöllhuber, Sprecherin: Barbara Stoll, Piano: Götz Payer, Kamera: Anette C. Halm
Anette C. Halm
Samstag
04.06.2022
12:00 Uhr
Salzsäule
Die menschliche Haut ist als natürliche Schutzhülle des Körpers maßgeblich für unser Wohlgefühl verantwortlich. Zugleich ist sie wichtiger Bestandteil und Projektionsfläche unseres Selbstverständnisses, indem sie etwa Schmuck und Schminke aufnimmt. Doch was wäre, wenn diese Schutzhülle plötzlich erstarrte, uns einengen und handlungsunfähig machte?
Die Gorgonen sind in der griechischen Mythologie drei geflügelte Schreckgestalten, die jeden, der sie anblickt, zu Stein erstarren lassen. Auch Lots Frau erstarrte im Ungehorsam zur Salzsäule. Die Performance von Andrea Isa auf dem Römerplatz der Stadt Baden-Baden, lotet die Ambivalenz von Schutz, Abgrenzung und Einengung des menschlichen Körpers in sprachlosem, bewegungsunfähigem Entsetzen aus.
Text: Holle Nann, Kamera: Anette C. Halm
Andrea Isa
Samstag
04.06.2022
17:00 Uhr
HUMAN WHEEL
Fünf Menschen bilden ein Rad. Das fünfte Rad möchte keiner sein. Beim Rad der Künstlerin Marie Lienhard ist die Fünf unerlässlich. Auch wenn es das Rad an sich seit rund 3500 Jahren gibt, kann man es offensichtlich immer wieder neu erfinden. Fünf Menschen bilden mit ihren Körpern Hand in Hand die Speichen und bewegen sich um eine gedachte Nabe, deren Zentrum sich unter den Fußsohlen befindet. So dreht sich das Rad wie ein Perpetuum mobile, aber es kommt nicht vom Fleck – eine moderne Sisyphos-Aufgabe, wo doch heutzutage alles laufen sollte wie am Schnürchen.
Text: Holle Nann, Kamera: Anette C. Halm
Marie Lienhard
Das Projekt wurde gefördert durch ein Stipendium des Ministeriums für
Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg.